Freitag, 15. April 2011

Leidenschaft, Baby!

Es gibt ein Wort, über das ich bei einer bestimmten Sorte Roman immer wieder stolpere: Leidenschaft. Ich habe ordentlich lange gebraucht, um dahinter zu kommen, dass damit etwas ganz anderes als die klassische Bedeutung dieses altehrwürdigen Wortes gemeint ist. Es ist eine Chiffre für Romane, in denen es bombensicher alle fünfzehn Seiten eine Holla-die-Waldfee-Szene gibt.
Was für eine Erkenntnis!
Muss ich prompt M. erzählen, als wir in einem Buchladen zwischen den Regelreihen umherstreifen und versuchen, einen Überblick über das Meer der Neuerscheinungen zu bekommen.
M.: „Alle fünfzehn Seiten?“
Ich drücke ihm ein „leidenschaftliches“ Buch in die Hand, er schlägt es auf und liest „ihre zuckenden Schenkel“ vor.
M.: „Das ist ein Zufall. Ich schlag einfach mal eine ganz andere Seite auf.“ Seine Augenbrauen rutschen verblüfft hoch. „Das lese ich jetzt mal lieber nicht laut vor.“
Ich: „Das ist Leidenschaft.“
M.: „Das ist Akkordarbeit.“ Nimmt ein anderes Buch mit zum Verwechseln ähnlichem Cover. Blättert, fängt an zu grinsen. „Weißt du, wie man einen Roman mit erotischen Elementen von einem Porno unterscheidet?“
Ich (abgelenkt durch eine junge Frau, die mit glänzenden Augen einen Bücherstapel durch den Gang balanciert): „Geht das denn überhaupt? Ist doch alles ... Leidenschaft.“
M.: „Also, wenn der Techniker anklopft und die leicht bekleidete Apartmentbewohnerin sagt „Na, dann verlegen Sie mal Ihr Kabel“, dann kann das durchaus noch ein ordentlicher Roman werden. Wenn der Techniker allerdings bis ins 15. Stockwerk steigt und er auf jeder Etage klingelt und sein Kabel verlegt, dann ist das Porno.“
M. schlägt eine beliebige Stelle auf und liest vor: „Er war so hart, dass es weh tat.“
Das ist ... wie soll ich sagen?
15. Stockwerke ;-)

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