Mittwoch, 28. März 2012

Die Macht macht's


17
Das ist nicht gut.
Ich zähle im Kopf noch einmal durch und komme zum gleichen Ergebnis: 17 mögliche Finale fürs aktuell zu schreibende Jugendbuch. Das kommt davon, wenn man zu viele Spaziergänge macht, um sich ein anständiges Finale auszudenken.
Nun klingen 17 mögliche Finale superkreativ und gaaaanz toll – sind sie aber nicht, denn keins von ihnen überzeugt. Sie sind nett, diese 17 kleinen Möchtegerns, aber leider knallt keins richtig. Und so mag ich das nun einmal am liebsten bei einem anständigen Fantasyspektakel: buff-krach-peng.
Also sitze ich ein wenig verlegen vorm Laptop und überlege, ob Nr. 18 vielleicht der revolutionäre Durchbruch sein könnte. Noch einmal durch die Felder streifen? Die Sonne scheint gerade so schön ...
Ich reiße mich zusammen, bleibe sitzen und zwinge mich dazu, mich einer Tatsache zu stellen: beim Schreiben bin ich kein Planner. Das war schon immer so, Zeit es zu akzeptieren, obwohl ich nach über zehn Romanen schon finde, dass die Schreiberei langsam mal etwas absehbarer werden könnte. Es muss doch möglich sein, schreibtechnisch in den ruhigen Gewässern unterwegs zu sein, indem man eine komplette Roman-Vorstrukturierung leistet. Außerdem wäre es auch ein Vorteil, seine Lektorin mal mit einem schicken Exposee zu beglücken, anstatt ihre wirr zusammengewürfelte Brocken am Telefon zu präsentieren:
„Okay, dass klingt jetzt nicht überzeugend, aber weißt du, dass muss man lesen, dann funktioniert es.“
Wenig überzeugtes Schweigen am anderen Ende der Leitung.
Verzweifelte Autorin, hinter deren Stirn eine Kollage aus buntem Allerlei herrscht, aus denen definitiv ein Roman entstehen wird, greift zum letzten Mittel. „Es gibt Blitze und blaue Linien ... ach ja, und Salz spielt auch eine Rolle. Einfach mal vorstellen.“
Ein Seufzen.
Autorin würde mittlerweile gern mitseufzen. „Machen wir es wie das letzte Mal: Vertrau mir einfach.“
„Ein toller Vorschlag!“
Es scheint mein Schicksal zu sein, mich jedes Mal mit einem flauen Gefühl im Magen ans Schreiben zu machen, heimgesucht von der Frage: wird sich der Zauber erneut einstellen, bei dem sich Zeile um Zeile wie von selbst schreibt? So ist es natürlich nicht ständig, aber die entscheidenden Szenen, die den Fortgang der Geschichte festlegen, entstehen überwiegend auf diese Weise. Deshalb macht es wenig Sinn für mich, ein Finale spinnen zu wollen, wenn ich lediglich die erste Hälfte des Romans zu Papier gebracht habe. Denn plötzlich schreibt sich ein Abschnitt, der alle schönen Pläne wieder zunichte macht, und dann habe ich den Salat. Kenne ich ja schon. So wurde aus dem Oberschurken beim „Traumsplitter“ mit einem Mal ein schillerndes Wesen, das keineswegs klassisch böse ist, während eine weibliche Nebenrolle unerwartete Fiese-Möp-Qualitäten an den Tag legte. Und, ja: das Ergebnis war deutlich besser, als das ursprünglich am meinem mentalen Reißbrett geplante.
Ich verabschiede mich also von meinen 17 angedachten Finalen, greife wieder auf die Jedi-Technik zurück und flüstere beim Öffnen des Schreibprogramms „Möge die Macht mit mir sein“. Wenn Luke Skywalker mit verbundenen Augen Treffer mit seinem Lichtschwert erzielt, bekomme ich das auch hin! Hoffentlich ...

1 Kommentar: